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NIS2 für Finanzdienstleister: Banken und Versicherungen im Fokus

Einleitung

Banken und Versicherungen zählen zu den kritischsten Infrastrukturen unserer Wirtschaft. Sie bewegen täglich Milliardenbeträge und verwalten hochsensible Daten. Genau deshalb stehen sie im Fadenkreuz von Cyberkriminellen.

Die Angriffe der letzten Jahre verdeutlichen die Gefahr: Über das SWIFT-Netzwerk erbeuteten Hacker 81 Millionen US-Dollar von der Bangladesh Bank. Der FinTech-Anbieter Revolut meldete ein Datenleck, bei dem über 50.000 Kundendaten kompromittiert wurden. Solche Vorfälle zeigen, wie anfällig die Branche gegenüber modernen Cyberbedrohungen ist – und warum die EU mit der NIS2-Richtlinie nachschärft.

Was ist NIS2?

Die NIS2-Richtlinie ist Ende 2022 verabschiedet worden und baut auf der ersten NIS-Richtlinie von 2016 auf. Ziel ist ein europaweit einheitlich hohes Cyber-Sicherheitsniveau.

Kernpunkte:

  • Pflicht zur Cybersicherheit für deutlich mehr Branchen und Unternehmen.
  • Strengere Anforderungen wie verpflichtendes Risikomanagement, Incident-Response-Pläne und schnellere Meldepflichten.
  • Härtere Strafen: bis zu 10 Mio. € oder 2 % des Jahresumsatzes.

Für Banken, Versicherungen und Finanzmarktinfrastrukturen gilt: Sie gehören ausdrücklich zu den erfassten Einrichtungen. Schon ab 50 Mitarbeitern oder 10 Mio. € Umsatz greift NIS2 – große Institute fallen sogar in die Kategorie „besonders wichtig“ und müssen noch strengere Vorgaben erfüllen.

Anforderungen

Sektor-spezifische Risiken im Finanzwesen

Finanzdienstleister sind einer Vielzahl von Bedrohungen ausgesetzt. Beispiele:

  • Online-Banking-Betrug: Phishing-Kampagnen und Banking-Trojaner greifen direkt Kunden an.
  • Datenklau: 2022 wurden bei Revolut sensible Informationen von 50.000 Kunden gestohlen.
  • Geldautomaten-Hacks: Logische Angriffe wie „Jackpotting“ lassen ATMs unbefugt Bargeld auswerfen.
  • Advanced Persistent Threats (APT): Staatlich geförderte Gruppen infiltrierten weltweit über 100 Banken (Carbanak-Fall).
  • Krypto-Exchange-Hacks: Beim Coincheck-Hack 2018 verschwanden Kryptowährungen im Wert von über 500 Mio. US-Dollar.

Diese Beispiele zeigen: Oft fehlen grundlegende Sicherheitsmaßnahmen oder eine schnelle Reaktion – genau hier setzt NIS2 an.

NIS2-Pflichten für Finanzdienstleister

  1. Risikomanagement & ISMS
    Einführung eines Informationssicherheits-Managementsystems (ISMS) nach Standards wie ISO 27001. Regelmäßige Risikoanalysen sind Pflicht.
  2. Governance & Management-Verantwortung
    IT-Sicherheit wird Chefsache. Führungskräfte sind haftbar und müssen Cyberrisiken in die Unternehmenssteuerung einbinden.
  3. Business Continuity Management
    Pläne für Notfälle und Krisen sind erforderlich, um den Betrieb auch bei Angriffen aufrechtzuerhalten.
  4. Incident Response & Meldepflichten
    Sicherheitsvorfälle müssen binnen 24 Stunden gemeldet werden, mit Detail- und Abschlussberichten in den folgenden Tagen und Wochen.
  5. Zugriffskontrollen & Identitätsmanagement
    Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) und strenge Rechteverwaltung sind Pflicht.
  6. Lieferkettensicherheit
    Finanzinstitute müssen Sicherheitsanforderungen an IT-Dienstleister und Partner weitergeben.
  7. Kontinuierliche Überwachung
    24/7 Monitoring (SOC/SIEM) zur frühzeitigen Erkennung von Vorfällen wird empfohlen.
Anforderungen

NIS2, DORA und andere Regulierungen

Für Finanzdienstleister gilt zusätzlich die DORA-Verordnung (Digital Operational Resilience Act), die ab 2025 in Kraft tritt. Sie ergänzt NIS2 mit noch spezifischeren Vorgaben, etwa jährlichen Bedrohungstests und strengem Drittanbieter-Management.

Auch nationale Regelungen wie die deutschen BAIT (Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT) und VAIT (Versicherungsaufsicht) überschneiden sich mit NIS2 und DORA. Effizient ist ein integrierter Compliance-Ansatz, bei dem Dokumentation und Prozesse so gestaltet werden, dass mehrere Anforderungen gleichzeitig erfüllt werden.

Schritt-für-Schritt zur NIS2-Umsetzung

  1. Status-Quo-Analyse & Gap-Analyse
    Wo stehen Sie heute? Welche Anforderungen erfüllt Ihr Institut schon?
  2. Risiken bewerten & priorisieren
    Kritische Schwachstellen zuerst adressieren.
  3. Quick Wins realisieren
    Schnelle Maßnahmen wie Notfallpläne, Passwort-Richtlinien und Schulungen sofort umsetzen.
  4. Strategische Umsetzung
    Einführung von SOC, Netzwerksegmentierung, Berechtigungskonzepten.
  5. Kontinuierliches Monitoring & Reporting
    Regelmäßige Audits, Penetrationstests und Incident Response Übungen.

Fazit

NIS2 ist kein optionaler Standard, sondern eine strategische Pflichtaufgabe für Banken und Versicherungen. Wer früh handelt, reduziert Risiken, stärkt Kundenvertrauen und verschafft sich Wettbewerbsvorteile.